Sommerwiese

Die Regentropfen liefen an meinen Fensterscheiben hinunter. Ja, kaum zu glauben, der Herbst war wieder da. Ich dachte an die Sommerzeit, die nicht wirklich existiert hatte. Oder hörte sich Regen, Strickjacke und Sommerferien in der Karibik nach Sommer an? Ich wollte meinen Sommer so gerne hier verbringen und überredete meine Eltern nicht nach Griechenland zu fliegen. Und was hatte ich davon? Alle meine Freundinnen waren an wärmere Orte geflogen, weil ihnen der Sommer bei uns zu kalt dieses Jahr gewesen war.
Na toll. So war ich ‚Mutterseelenallein’ in unserer kleinen Stadt und hatte nichts zu tun, als Löcher in die Wolken zu starren. Jeden Morgen rannte ich auf die Wiese die am Rand des Waldes unseres Städtchens lag und starrte in den Himmel. Ich weiß nicht was es an meiner Lebenssituation und meiner Einsamkeit änderte. Aber, zumindest konnte ich meiner Fantasie freien Lauf lassen. An einem Tag dachte ich mir ein ganze Geschichte mit den Wesen, die ich in den Wolken entdeckte, aus. Ja. Eine wunderschöne Liebesgeschichte, wie ich sie mir nur in meinen Träumen ausmalte. Wie ich mir das kribbeln im Bauch vorstellte, das Herzklopfen, einmal sogar hatte ich gespürt, wie mir etwas sanft über den Arm strich. Ich drehte mich zur Seite in der Hoffnung mein Traumprinz würde neben mir auf der Wiese liegen. Doch, war es nur ein Grashalm gewesen, dass im Wind mittanzte. Eines Abends lag ich auf der Wiese und schaute mir die glitzernden Sterne im Himmel an. Manchmal wünsche ich mir, ich hätte die Möglichkeit zu einem dieser Sterne zu reisen. Einfach weit weg, von allem was mich belastet. Ich war gerade in einem meiner Träume versunken, als ich plötzlich ein rascheln wahr nahm. Ich setzte mich auf und schaute um mich herum. War das eine Gestalt dort hinten am Waldrand? Ein Schatten bewegte sich auf mich zu. Ein Schauer jagte mir über den Rücken. Und dann ließ sich ohne Vorwarnung eine Gestalt neben mich aufs Gras fallen. Es war stockdunkel, doch vage konnte ich die Umrisse eines Jungen erahnen. Ich legte mich wieder auf den Rücken. Eine Warme Hand streifte meine und Gänsehaut überfiel mich. Dabei wusste ich doch nicht mal, wer sich neben mich gelegt hatte. Ein Arm legte sich sanft um meine Schulter und obwohl ich nicht wusste, wer genau mich im Arm hielt, hatte ich ein Gefühl der Geborgenheit. Ich schloss die Augen.

                                                                      ***

Ich öffnete meine Augen. Der Wind wehte durch meine Haare, Grashalme kitzelten meinen Arm. Neben mir lag niemand. War alles am vorherigen Abend nur Einbildung gewesen? Ich stütze mich im Gras ab und fühlte eine glatte Fläche. Dann hörte ich ein knistern unter meinen Händen. Ich hob meine Hand an und fand einen kleinen Zettel auf. Frühstück? Mit Croissants und Orangensaft? Ich warte am Bach auf dich. Ich liebe Croissants abgöttisch. Wie konnte nur eine fremde Person wissen, was ich zum Frühstück zu essen pflegte? Ich sah mich um. Niemand. Nur ich und im Hintergrund das plätschern des Bachs. Ich stand auf und schloss die Augen. Erstmal tief ein und aus atmen. Es legten sich Hände zart auf meine Augelider. Dann küsste er mich auf meinen Kopf. Dann auf die Wange. Und zuletzt nahm er die Hände von meinen Augen weg und küsste mich auf den Mund. Ich öffnete meine Augen und sah ihn. Dann küsste ich ihn. Und es schmeckte himmlisch nach Croissants.

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